Sind Einzelkämpfer fitter? Soziale Faulenzer und der Ringelmann-Effekt

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Sport in der Gruppe macht vielen Menschen einfach mehr Spaß. Die Dynamik reißt mit und die Motivation steigt, die Folge sind Höchsteislungen. Doch ist das wirklich so?

Dieses „Gruppenflow-Phänomen“ beschreiben vor allem viele Teilnehmer von Kursen wie Indoor Cycling und ähnlichen Fitness Kursen, bei denen es ohne Wettkampfgedanken einfach nur darum geht, sich zu bewegen. Kein Wunder, Musik, sozialer Kontakt und Bewegung sorgen in der Kombination für eine erhöhte Ausschüttung von Endorphin und Dopamin. Wir fühlen uns leistungsfähiger.

Doch wie sieht es langfristig mit der individuellen Leistung aus? Macht ein Training in der Gruppe auf Dauer Stärker und fitter als ein Training alleine?

Der Ringelmann Effekt

Maximilien Ringelmann, seinerzeit ein Agraringenieur verglich die individuelle Leistungsfähigkeit von Zugtieren wie Pferde und Ochsen mit der Individualleistung von Menschen beim Tauziehen. Rein rechnerisch müssten sich die Kräfte, die die Individuen ausüben aufsummieren, da sie in die gleiche Richtung wirken. Bei den Tieren ist dies auch tatsächlich annähernd der Fall. Bei den Menschen kam es allerdings zu erstaunlichen Abweichungen ins negative, die alleine durch physikalische Gegebenheiten, wie z.B. mangelnde Koordination, die sich in nicht gleichzeitigem Ziehen zeigt und seitlich wirkenden Kräften nicht erklären lässt.

Dieses Experiment ist tatsächlich immer wieder reproduzierbar. Handelt es sich um ein 1 vs 1 ziehen, ist die Leistung bei 100%. Bei 2 und mehr Personen pro Seite sinkt die Leistung immer weiter ab. Irgendwann pendelt sich das Ganze ab 4 oder 5 Personen ein. Dann ist es auch egal ob 10 oder 50 Personen ziehen. Sobald man sich also scheinbar in der Masse „verstecken“ kann und die Individualleistung nicht mehr direkt messbar ist, reduziert sich die Gesamtleistung um bis zu 50%.

Daraus ergibt sich letzten Endes die Theorie des sozialen Faulenzens. Wenn Die individuelle Leistung nicht mehr direkt messbar ist, wird diese meist zurückgeschraubt. Das macht sich dann am Ende besonders in Sportarten mit kooperativen Bewegungsmustern, wie z.B. Rudern bemerkbar. Ständig nur in der Gruppe zu trainieren kann so also unter Umständen ineffektiv sein.

Der Maßstab-Effekt

Auch interessant ist das soziale Umfeld in dem man trainiert. Wenn Sie in einer Gruppe von Trainierenden sowieso aktuell der beste und stärkste sind, ist der Antrieb oft gering, beim Training an die eigenen Grenzen zu gehen – auch eine geringere Leistung reicht aus, um in der Gruppe zu dominieren. Der Maßstab ist eben recht niedrig angesetzt. Das ist auch der Grund, warum es besonders fördernd ist, mit anderen leistungsstarken Menschen zusammen zu trainieren. Gerade Männer, die unter gleichgeschlechtlichen instinktiv auch immer Konkurrenten sehen, greift dieser Maßstabseffekt.

Was ist mit dem Training alleine?

Wie sich die Leistung beim alleinigen Training entwickelt ist sowohl vom Charaktertyp des Einzelnen, sowie von der Sportart abhängig. Bei artistischen oder Risikosportarten ist alleine die Motivation für eine hohe Leistung eher gering, da die soziale Anerkennung für diese wegfällt. Bei risikoarmen Sportarten wie dem Fitnesstraining sind Sie im Einzeltraining der alleinige Maßstab. Dann stellt sich die Frage, ob Sie gelernt haben, sich selbst als den stärksten Gegner zu akzeptieren. Wenn Sie das können, ist Ihre Leistung im Einzeltraining unter Umständen höher, als wenn Sie mit Freunden unterwegs sind.

Fazit

Es gibt eine ganze Reihe sozialer Faktoren, die unsere Leistungsfähigkeit beeinflussen. Liegt in Vergleichssituationen keine Möglichkeit der individuellen Leistungsmessung vor, verstecken wir uns aber gerne in der Masse. Erst, wenn die Leistung uns als Individuum zugeschrieben werden kann, geben wir 100%. Der Mensch ist und bleibt wohl – so sozial er auch lebt – im inneren ein Egoist.

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